Hier finden Sie hilfreiche Informationen rund um das Thema Inklusion am Waldorfkindergarten Erlangen.
Susanne Nicklisch ist feste Fachkraft für Inklusion am Kindergarten und geht in den folgenden drei Filmen auf häufig gestellte Fragen zum Thema Inklusion ein. Weiter unten finden Sie alle Fragen und Antworten auch in schriftlicher Form sowie vertiefte Informationen zu den Themen Status des Kindes, Datenschutz und Finanzierung.
Fragen und Antworten zur Inklusion am Waldorfkindergarten Erlangen:
Hier können Sie die häufigsten Fragen und Antworten auch noch einmal nachlesen. Zudem finden Sie an dieser Stelle vertiefte Informationen zu den Themen Status des Kindes, Datenschutz und Finanzierung.
Der Rahmen
Warum arbeitet der Waldorfkindergarten Erlangen inklusiv?
Inklusion ist uns ein Herzensanliegen und eine Selbstverständlichkeit. Wir möchten alle Kinder in ihrer Vielfalt willkommen heißen, wertschätzen und in unsere Gemeinschaft aufnehmen und somit auch die Welt abbilden.
Im Kindergarten lernt das Kind, sich in einem größeren sozialen Gefüge zu bewegen und zurecht zu finden. Manchen Kindern gelingt das leicht, andere brauchen dabei Unterstützung und gezielte Förderung. Diese bieten wir an.
Ist die Waldorfpädagogik nicht bereits so inklusiv, dass es gar keine weitere Förderung braucht?
Die Waldorfpädagogik bietet durch ihre drei Säulen 1) Rhythmus und Wiederholung, 2) Vorbild und Nachahmung sowie 3) die Sinnesbildung einen Rahmen, der insgesamt sehr ausgleichend auf Kinder wirkt. Zudem leben die Erzieher*innen einen offenen pädagogischen Blick, um jedes Kind in seiner Individualität wahrzunehmen und liebevoll zu begleiten. Gleichwohl gibt es Grenzen dafür, wie intensiv zwei Erzieher*innen bei 25 Kindern in der Gruppe einzelne Kinder begleiten und fördern können. Vor allem dann, wenn diese über einen längeren Zeitraum besondere Bedarfe aufzeigen. Daher ist es für diese Kinder und ihre Entwicklung wichtig, dass sie durch ergänzende Fachkräfte und zielgerichtete Förderung genau die Unterstützung in ihrer Entwicklung erhalten, die innerhalb des Gruppenalltags von zwei Erzieher*innen nicht geleistet werden kann.
Seit wann arbeitet der Kindergarten inklusiv?
Der Kindergarten arbeitet seit Anfang an inklusiv und hat sich den aktuellen Entwicklungen immer wieder angepasst. Seit 2018 hat der Kindergarten mit Susanne Nicklisch eine feste Fachkraft für Inklusion im Haus.
Was hat sich dadurch verändert?
Früher – und so ist es in vielen anderen Kindertagesstätten heute noch die Regel – wurden die Fachdienststunden für Inklusion von wechselnden externen Kräften geleistet. Dadurch, dass wir mit Frau Nicklisch seit 2018 eine feste Kraft im Haus haben, ist diese bei uns intensiv in den ganzen Kindergarten und den Alltag und die Abläufe der Gruppen eingewoben. Sie arbeitet gemäß der Waldorfpädagogik und ist im steten Austausch mit den Erzieher*innen. Die Kinder kennen sie gut und es ist für alle Kinder ganz normal, dass immer mal wieder einzelne Kinder während des Vormittags mit Frau Nicklisch oder den anderen Therapeut*innen mitgehen. Die Kinder selbst spiegeln uns sehr oft, dass sie diese Zeit der extra Zuwendung und Aufmerksamkeit sehr genießen.
Wie arbeitet die Inklusionsdelegation?
Die Inklusionsdelegation besteht aus Frau Nicklisch als Fachkraft für Inklusion, dem*der jeweils für Inklusionsfragen zuständigen Erzieher*in jeder Gruppe und Alexandra Kick für den Vorstand/die Geschäftsleitung.
Die Delegation trifft sich alle zwei Monate. In der Sitzung werden alle aktuell offenen Fragen und Themen der Inklusion besprochen – etwa, wenn sich rechtliche Rahmenbedingungen geändert haben oder neues Lesematerial erschienen ist. Zudem werden einzelne Kinder achtsam und in großer Ehrfurcht vor dem Kind gemeinsam betrachtet. Hier geht es darum, gemeinsam Entwicklungsschritte des Kindes sowie die weitere Begleitung des Kindes zu besprechen und mögliche ergänzende Therapieangebote, die das Kind in seiner Entwicklung unterstützen können, zu erwägen. Diese ergänzenden internen und externen Angebote sind z.B. Arbeit am Tonfeld, Sprachgestaltung, Heileurythmie, Logopädie, Ergotherapie etc. (Mehr über die internen Angebote erfahren Sie hier).
Außerdem betrachtet die Inklusionsdelegation jede einzelne Gruppe als Ganzes und bespricht deren aktuelle Dynamiken und Themen. Darüber hinaus wendet sie sich einzelnen Kindern zu, die einen aktuellen, aber voraussichtlich temporären Bedarf einer intensiveren Begleitung haben (etwa auf Grund von größeren Veränderungen im familiären Umfeld oder dem Beginn des Zahnwechsels – „wackeln die Zähne, wackelt die Seele“).
Die Vorgehensweise
Was deutet beim Blick auf das Kind darauf hin, dass ein Kind ein Inklusionskind sein könnte?
Die zentrale und leitende Frage hierbei ist: Können die Bedürfnisse eines Kindes im bestehenden Rahmen von zwei Erzieher*innen bei 25 Kindern pro Gruppe so erfüllt werden, dass kein Entwicklungsrückstand – motorisch, kognitiv, sprachlich, sozial und/oder emotional – gegenüber Gleichaltrigen entsteht oder vergrößert wird?
Wird diese Frage mit Nein beantwortet, liegt es nahe, dass das Kind zum Wohle seiner eigenen Entwicklung eine intensivere Begleitung im Rahmen der Inklusion benötigt. Jedes Kind bringt viele Potentiale mit und wir sehen diese. Kann das Kind auf diese nicht oder noch nicht zugreifen, braucht es dort eine Zeit lang extra Schub und fördernde Zuwendung.
Wie geht der Kindergarten der Frage genau nach, ob ein Kind Inklusionskind ist? Und wer ist daran beteiligt?
Zu Beginn jedes Kindergartenjahres hospitiert Frau Nicklisch eine Woche lang in jeder Gruppe. Anschließend tauschen sich die Erzieher*innen der Gruppe und Frau Nicklisch zur Gruppe aus – ganz allgemein und gegebenenfalls auch zu einzelnen Kindern, deren Bedürfnisse womöglich nicht im gegebenen Rahmen erfüllt werden können. Danach findet bereits ein erstes Telefonat der Erzieher*innen mit den Eltern entsprechender Kinder statt, um die Beobachtungen zu teilen und in einen Austausch mit den Eltern einzutreten sowie deren Erfahrungen einzuholen. (Ein Telefonat mit dem Elternhaus bereits an dieser Stelle ist seit 2024 ein fester Bestandteil im Vorgehen.)
Zudem überlegen die Erzieher*innen und Frau Nicklisch gemeinsam, was innerhalb der Gruppe, im Tagesablauf etc. verändert werden kann, um alle Kinder aktiv am Geschehen teilhaben lassen zu können. (Beispielsweise könnten eine Ausdehnung der Gartenzeit oder mehr Kleingruppenaktivitäten solche Maßnahmen sein). Nach ein bis eineinhalb Monaten treffen sich die Erzieher*innen und Frau Nicklisch erneut und prüfen: Waren die Maßnahmen ausreichend, um alle Kinder gut einzubinden?
Wenn die Maßnahmen nicht ausreichend waren, folgt ein persönlicher Austausch der Erzieher*innen mit den Eltern im Rahmen eines Elterngespräches.
Anschließend behalten wir das Kind mit seinen individuellen Entwicklungsschritten weiterhin gut im Blick. Gleichzeitig können sich Eltern jederzeit von sich aus an die Erzieher*innen oder Frau Nicklisch wenden, wenn sie etwas an ihrem Kind beobachten, das in diesem Kontext relevant sein könnte. Sollte sich nach dieser Zeit immer noch ein erhöhter Bedarf an Begleitung zeigen, treffen sich die Erzieher*innen und Frau Nicklisch als Fachkraft für Inklusion mit den Eltern, um gemeinsam zu besprechen, welche Unterstützung sinnvoll für das Kind ist und ob diese intern oder extern stattfinden sollte. (Externe Angebote sind z.B. Frühförderung, Ergotherapie oder Logopädie. Frau Nicklisch kann die Eltern auch zu externen Angeboten beraten.) Anschließend wird gemeinsam der Antrag zur Eingliederungshilfe beim Bezirk Mittelfranken gestellt.
Daraufhin erhalten die Eltern Post vom Bezirk Mittelfranken und werden gebeten, ein ärztliches Attest einzuholen und an den Bezirk zu senden. Das sollte innerhalb von 14 Tagen passieren. Dieses Attest stellt in der Regel die Kinderarztpraxis aus, da hier das Kind am besten bekannt ist. Es besteht die Möglichkeit, dass Frau Nicklisch vorab telefonisch Kontakt mit der Praxis aufnimmt, um die Beobachtungen aus dem Gruppenalltag – die im Rahmen der klassischen U-Untersuchungen oft gar nicht sichtbar werden können – mit dem Kinderarzt/der Kinderärztin zu besprechen.
Danach erfolgt der Bescheid vom Bezirk und die Fachdienststunden zur Unterstützung des Kindes können starten. Während der Förderung stehen Frau Nicklisch, die Erzieher*innen und die Eltern immer wieder in Kontakt, um gemeinsam die Entwicklung des Kindes zu besprechen. Sollte auch für das folgende Jahr ein Bedarf ermittelt werden, kann der Antrag verlängert werden.
Was passiert, wenn sich Eltern und der Kindergarten nicht auf die Stellung eines Antrags einigen können?
Die Erzieher*innen und Frau Nicklisch zielen in Fragen der Inklusion stets darauf, eine gute und adäquate Begleitung des einzelnen Kindes und zugleich aller Kinder der jeweiligen Gruppe zu sicherzustellen.
Der Weg bis zum Antrag auf Inklusionshilfe ist (wie oben eingehend geschildert) ein intensiver Prozess der beobachtenden Zuwendung zum Kind – begleitet durch den Austausch zwischen Erzieher*innen, Eltern und der Fachkraft für Inklusion. Dabei kann es sein, dass alle gemeinsam feststellen, dass das Kind im Rahmen des normalen Kindergartenalltags in der Gruppe weiter begleitet werden kann. Stellt der Kindergarten aber einen klaren Bedarf an intensiverer Begleitung im Rahmen der Inklusion fest und werden sich die Eltern und der Kindergarten am Ende nicht über die Frage einer Förderung einig, ist es gut– auch zum Wohle des Kindes – getrennte Wege zu gehen.
Der Status des Kindes
Gilt mein Kind offiziell als ‚beeinträchtigt‘ oder ‚behindert‘, wenn es ein Inklusionskind ist?
Nein, dem ist nicht so. Ein Kind, das im Kleinkindalter inklusive Förderung erhält, gilt in der Sprache des Bezirkes „als von Behinderung bedroht“ und es gilt, diese abzuwenden.[1] Es handelt sich um festgestellte Entwicklungsrückstände, die aber meistens zeitlich begrenzt sind. (So kann es z.B. vorkommen, dass eine Sprachentwicklungsverzögerung im Alter von vier Jahren durch die entsprechende Förderung mit fünf Jahren behoben ist). Kinder sprechen auf Grund der enormen Plastizität ihres Gehirns im Kleinkindalter sehr gut auf Förderung an. Deshalb eignet sich gerade eine Förderung im Kindergartenalter besonders gut, um einen Rückstand einzugrenzen oder aufzuholen und ist oft viel wirkungsvoller, als es dann im Schulalter oder noch später der Fall ist.
[1] Uns ist in diesem Kontext sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir um die Problematik dieser Begriffe wissen und nicht selbst verwenden würden. Da sie aber in den Informationen und Anträgen des Bezirkes verwendet werden, thematisieren und beantworten wir diese Frage.
Spürt mein Kind, dass es ein Inklusionskind ist bzw. eine besondere Förderung erhält?
Das Förderangebot in unserem Kindergarten ist sehr niederschwellig, nachvollziehbar und sinnhaft in den Kindergartenalltag eingebaut. Durch diese fließende und selbstverständliche Integration in den Alltag fühlt sich das Kind nicht ‚anders‘ und es fällt den anderen Kindern der Gruppe auch nicht besonders auf. Die Kinder freuen sich oft sichtlich, dass sie eine Art besondere Stunde mit Frau Nicklisch oder den anderen Therapeut*innen haben und genießen dieses Angebot der exklusiven Zuwendung.
Datenschutz und Finanzierung
Wie verhält es sich mit dem Datenschutz?
Der Kindergarten wahrt selbstredend höchste Diskretion beim Thema Inklusion. In den Antrag haben ausschließlich die involvierten Fachkräfte am Kindergarten Einblick. Der Antrag selbst wird für 30 Jahre vom Bezirk aufbewahrt. Das Jugendamt hat gar keine Daten zum Kind, sondern agiert nur auf Basis einer ID, die nicht zuordbar ist. Auch die nachfolgende Schule erfährt davon nicht und es steht den Eltern frei, die Förderung im Rahmen der Inklusion bei der Schulanmeldung anzugeben oder nicht.
Muss der Kindergarten jedes Jahr eine bestimmte Quote an Inklusionskindern haben, um überhaupt integrativ/inklusiv arbeiten zu können?
Nein. Alleine der Aufwand durch die einzelnen Anträge ist so hoch, dass eine solche Rechnung nicht aufgehen würde. Das Personal in den Gruppen richtet sich flexibel nach der Anzahl der Inklusionskinder der jeweiligen Gruppe und wird gegebenenfalls erhöht oder reduziert. Frau Nicklisch ist fest im Haus angestellt, um optimale Rahmenbedingungen für die Frühförderung des Kindes zu schaffen.
Vorzüge und Unterschiede zu vielen anderen Kindergärten
Welche weiteren Vorzüge bietet die integrative Arbeit des Waldorfkindergartens Erlangen?
- Kontinuierlicher Austausch: Ein großer Unterschied zu vielen anderen Kindergärten und den Angeboten einer externen Frühförderung ist die enge Zusammenarbeit und der kontinuierliche Austausch zwischen Frau Nicklisch als feste Fachkraft für Inklusion und den Erzieher*innen aller Gruppen.
- Kein zusätzlicher Organisationsaufwand: Zudem ist das Förderangebot in den Kindergartenalltag integriert, so dass keine Extra-Termine am Nachmittag in einem anderen Umfeld stattfinden müssen, was die Kinder wie auch die Eltern entlastet.
- Verantwortungsvolle Hinwendung zum Kind von Anfang an: Der Waldorfkindergarten Erlangen greift das Thema Inklusion sehr offensiv auf, um in großer Zuwendung zum Kind eine frühzeitige Unterstützung möglich zu machen und einen gelingenden Weg in die Schule zu fördern. Anders gesagt: Kinder, die einen Bedarf haben, laufen nicht einfach nur mit, bis es ggf. nicht mehr geht, sondern werden von Anfang an aufmerksam und zugewandt begleitet.
- Ergänzende Angebote für alle Kinder: Ergänzend zur Arbeit von Frau Nicklisch können Kinder weitere Unterstützung im Kindergarten erfahren: Heileurythmie, Arbeit am Tonfeld und Sprachgestaltung. Diese Angebote stehen auch allen anderen Kindern offen und können individuell und temporär gebucht werden. (Weitere Informationen zu den Angeboten finden Sie hier. Möchten Sie davon etwas für Ihr Kind in Anspruch nehmen, gehen Sie bitte auf die Erzieher*innen in der Gruppe Ihres Kindes zu.)
- Austausch mit externen Förderstellen: Manche Kinder bekommen zusätzlich extern Frühförderung. Frau Nicklisch kann hierzu beraten und steht dann selbstverständlich auch im Austausch mit diesen externen Kräften, wenn das Elternhaus dazu sein Einverständnis gibt.